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Dresden nach irgendwo

3. bis 5. August – Bertingen – Rostock oder warum uns ein Bier wie wild in die Pedale treten lässt

Einmal mehr schmieden wir also unsere Pläne neu, bevor wir das nächste Zwischenziel erreicht haben. Nun geht es nicht mehr Richtung Kiel, aber dennoch an einen Hafen, wo eine Fähre auf uns wartet.
Am Montag packen wir unser immer noch nasses Zelt zusammen und verlassen das Tipidorf in Bertingen definitiv. Der Wind meint es immer noch nicht gut mit uns und wir kämpfen weiterhin gegen ihn an. Auch sonst kommen wir nicht so recht voran, aber es ist ja auch wieder einmal Montag.

Monika unterwegs auf dem Elberadweg

In Havelberg verlassen wir die Elbe endgültig und folgen einigen kleineren regionalen Radwegen, damit wir am nächsten Tag auf die neugewählte grössere Zielroute stossen können. Tja, wir merken bald, dass wir nicht mehr auf einem überregionalem Radweg sind… Landschaftlich zwar ganz hübsch, kämpfen wir uns plötzlich durch einen Wald, der aus Sandbergen besteht. Mit unseren schweren Rädern da durchzukommen ist nicht ganz einfach. Irgendwie will das Ziel nicht näher kommen. Dabei sind wir ziemlich gespannt auf unseren Übernachtungsplatz. Mehr per Zufall sind wir auf einen Platz, in perfekter Tagesdistanz (v.a. wenn das Bier ruft) gestossen, bei dem nicht so ganz klar war, worum es sich handelt. Am Telefon hiess es allerdings, das Zelt kann gestellt und bezahlt beim Badesee werden. Monika hat die von Tinu errechneten Kilometer im Griff und weiss genau, dass doch jetzt bald mal nach rechts abgebogen werden sollte, von einem See ist aber weit und breit nichts zu sehen. Plötzlich stoppt Tinu an einer Hausecke. Als wir rechts abbiegen landen wir tatsächlich auf einem «Campingplatz». Es gibt 5 Stellplätze für Wohnmobile (3 belegt), 6 Hütten (2 vermietet) und eine riiiiesige Zeltwiese, auf der unser Zelt als einziges fast ein bisschen verloren wirkt. Für 5 Euro haben wir den bisher wohl schönsten und auch saubersten Übernachtungsplatz unsere Reise gefunden!
Am Dienstag geht’s trotz Gegenwind wieder besser vorwärts. Die von Tinu geplanten Tagesetappen sind relativ lang, v.a. mit diesem wind, aber wir haben ein Ziel vor Augen und so bleibt nicht wirklich Zeit, uns etwas anzuschauen. Tinu möchte ganz gerne noch seine Abkürzungen erwähnt haben, die uns auf dieser Tour tatsächlich auch mal durch wunderschöne Waldwege führen und so nebst gesparten Kilometern auch unsere Durchschnittszeit ein bisschen aufbessern. Bei Alt Schwerin erreichen wir die Berlin – Kopenhagen Route, welcher wir nun bis ans Ende folgen.

Das nächste Zwischenziel heisst nämlich Kopenhagen. Tom (der im letzten Bericht erwähnte Arbeitskollege von Martin und Janine (seine Frau) verbringen einige Ferientage dort und haben uns nach unserem Hänger, als wir das Baltikum von unsere Liste streichen mussten, ein neues Ziel geliefert. Wegen ihnen sind wir nun ein bisschen in Eile, weil sie am Freitagabend mit einem Bier in Kopenhagen auf uns warten.
Geografisch sind wir momentan auf der Mecklenburgischen Seenplatte. Wir fahren wieder vermehrt durch Wälder, über Stock und Stein bzw. Wurzeln und Tinu ist froh um den einrädrigen Anhänger.

Auch unser heutiger Schlafplatz liegt an einem der vielen Seen, davon bekommen wir allerdings nicht viel mit. Damit wir morgen nach Dänemark einreisen dürfen, müssen wir 6 gebuchte Übernachtungen vorweisen können. Das Buchen braucht einiges an Zeit und fällt uns ziemlich schwer, waren wir doch bis jetzt immer sehr spontan unterwegs.
Nicht ganz glücklich mit den in aller Schnelle reservierten Unterkünften fahren wir am Mittwoch relativ früh los. Bis Rostock sind es 85km und wir würden ganz gerne die Fähre nach Gedser um 15.30 erwischen, denn in Dänemark erwarten uns dann noch einmal 25km Fahrt – Buchung in Eile sei Dank. Mit einer anderen Buchung hat es etwas besser geklappt, der Wind lässt uns für einmal nicht im Stich. Er bläst uns Richtung Meer und wir erwischen unsere Fähre ohne Probleme.

In Rostock angekommen…

Nachtrag: Den Bericht oben haben wir noch im Bauch der Fähre fertig geschrieben, als wir darauf gewartet haben, an Land gehen zu können. Auf der Fähre war noch ein anderer Radfahrer. Wir haben bereits in Rostock gemeinsam diskutiert, wie das wohl ablaufen wird, wenn unsere Hotelbuchungen alle überprüft werden sollen. Er hat seine Reservationsbestätigungen, (Von Reservationen, die er bereits wieder storniert hat) noch in einem Copyshop ausgedruckt. Wir würden dann halt alle unsere Mails einzeln vorweisen, diese Regel war ja schliesslich nicht unsere Idee… Wir fahren also in Gedser von der Fähre, schön auf der Fahrradspur, eine kurze Strecke über den Hafen, neben einen Polizeiauto vorbei und dann sind wir im Dorf. Dort lachen wir uns alle drei krumm – zum Glück haben wir so viel Zeit und Nerven in das Buchen investiert…

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30. Juli bis 2. August – Dresden – Bertingen – oder ein Fluss, der Wind und viele Bekanntschaften

Mit etwas Enttäuschung im Bauch fahren wir in Dresden ab, weiter elbabwärts. Bald merken wir, dass der Wind weder gedreht noch nachgelassen hat. Für die mit 128 km sehr lange Etappe ist das eine unangenehme Entdeckung. So geht es denn auch eher mühsam voran und wir sind froh um jeden Wald, der den Wind etwas abhält oder jede Biegung der Elbe, die dafür sorgt, dass der Wind uns nicht ganz frontal trifft. Die Etappe zieht sich hin und wir sind auf der Suche nach dem Reiz des Elberadweges. Wir fahren oft durch Industriegebiete, durch riesengrosse Monokulturen (meistens kilometerlange Felder mit Weizen) und sehen die Elbe nur selten. Ob wir die falsche Elbseite „erwischt“ haben? Wir wissen es nicht. Den ganzen Nachmittag hat Tinu versucht auf dem Camping in Prettin jemanden zu erreichen, um sichergehen zu können, dass es für uns eien Platz gibt. Auf beiden Nummern auf der Homepage nahm aber niemand das Telefon ab. Nach 126 Kilometer Kampf gegen den Wind erreichen wir Prettin um 18:20 Uhr und überlegen, ob wir uns wohl zuerst beim Camping anmelden oder zuerst einkaufen sollen. Wir entscheiden uns für letzteres und sind um 18:45 vor der Barriere des Campings. Beim Büro stehen die Öffnungszeiten der Rezeption: Bis 18:30 Uhr… Doch die Rettung in Form einer Platzwartin kommt! Sie muss bloss noch etwas trinken, weil sie einen strengen Tag hatte. Die Idee finden wir gut und tun es ihr gleich. So ist das Eis gebrochen, wir haben einen sympathischen Empfang und überlegen gemeinsam, warum es Sinn macht, dass die Übernachtungsgebühr mit der Karte bezahlt werden kann, die Duschmarken aber nicht (Resultat der Überlegungen: Die Chefin will es so!).
So verbringen wir einen wunderschönen Abend mit Sonnenuntergang über dem kleinen See.

Am nächsten Tag stehen etwas über 100 km auf dem Programm. Die Hoffnungen, der Wind könnte gedreht haben, verwehen rasch und so kämpfen wir einen weiteren Tag gegen den Wind. Die Landschaft wird immer schöner und es gibt immer wieder schöne Abschnitte direkt der Elbe entlang. Wir verstehen langsam, warum der Elberadweg so gut ausgebaut ist und warum es kaum einen Kilometer gibt, auf dem kein Schild auf „Eispause für Radler“, „Radfahrerfreundliche Pension“ oder „Abschliessbare Fahrradparkplätze“ hinweist. (Die Berge vermissen wir trotzdem ein wenig! Die rund 250 Höhemeter, die wir auf dem Elberadweg zusammenbekommen sind hauptsächlich Auf- und Abfahrten vom Elbdamm). So treffen wir denn auch immer wieder Radfahrer und kommen mit ihnen und anderen ins Gespräch. Am Abend erreichen wir Aken und das Zeltfeld direkt an der Elbe (näher geht kaum). Beim Kochen setzen sich zwei Radfahrerfamilien zu uns und es ergeben sich spannende Gespräche im Englisch-Deutsch-Slowenischen Sprachengemisch (zur Freude der Eltern und zum Leid der Jugendlichen, dass letztere ihr Schulenglisch auspacken mussten). (An dieser Stelle falls ihr es lest: It was eine Freude, euch to meet!)


Am nächsten Morgen die Überraschung für alle: Der Wind hat gedreht! Vorfreude und grosse Ziele was die Tagesdistanz angeht kommen auf. Wir bleiben bei den geplanten 100 Kilometern. Tatsächlich kommen wir viel besser vorwärts als die Tage zuvor und wir haben Spass zu fahren. Immer wieder treffen wir Leute, mit denen wir ins Gespräch kommen: Da ist zum Beispiel der sympathische Fährmann, der sich zuerst über den Anhänger, dann über die Tatsache, dass Tinu („der Mann“) mehr Kleider dabei hat als Monika („die Frau“) und zum Schluss darüber, dass man 3 Monate Urlaub machen kann wundert. Oder da ist die Frau vor der Bank, die uns von Herzen einen schönen Urlaub wünscht. Oder da ist der Franzose, der in Leipzig lebt und sich trotz Corona-Regeln zu uns an den Tisch setzt und sich ein spannendes Gespräch entwickelt (Z.B.: Was bedeutet Zeit? Radfahrer haben einen eigenen Zeitbegriff, weil man die Welt auf eine eigene Art und Weise bereist und entdeckt).
So kommen wir nach einem heissen Tag (Wir haben „nur“ 32°C, das scheint ja im Gegensatz zu dem, was wir aus der Schweiz hören, harmlos. Geschwitzt haben wir trotzdem!) in Bertingen auf dem wirklich tollen und wirklich radfahrerfreundlichen Campingplatz an. Die „weltbesten Schweizer“ erhalten einen besonders schönen Stellplatz. Und dann kommt der Regen! Nachdem wir während den vergangenen Wochen einmal etwa 3 Stunden und zweimal etwa 1 Stunde Regen hatten, ist das ein seltsames Gefühl. Im Zelt sind wir aber im Trockenen und geniessen die Tropfen.

Warten auf besseres Wetter


Am nächsten Tag würden 133 Kilometer auf dem Tagesplan stehen. Bei strömendem Regen und Gewitter wollen wir uns das aber nicht antun und die Etappe zu kürzen erscheint uns nur bedingt sinnvoll, weil es für den weiteren Verlauf nichts bringen würde. So bleiben wir eine zweite Nacht in Bertingen und schmeissen unsere Pläne ein weiteres Mal komplett über den Haufen. Dazu aber das nächste Mal mehr. Kleiner Cliffhänger: Das das Ziel ist nicht mehr Kiel und Tinus Arbeitskollege hat etwas damit zu tun…