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7. – 10. September – Oslo zum Zweiten oder Ausharren für unsere demokratischen Pflichten

Nach ziemlich genau vier Wochen sind wir zurück in Oslo. Beim ersten Besuch haben wir von der Stadt noch nicht allzu viel gesehen, da damals die Reparatur unserer Räder Vorrang hatte. Für den zweiten Besuch haben wir für zwei Nächte ein Hotel gebucht. Wir brauchen eine Adresse in Oslo, weil wir Post aus der Schweiz mit unseren Abstimmungsunterlagen und den Zugtickets, die – man glaubt es kaum – nicht online zugestellt werden können, erwarten. Den Montagvormittag verbringen wir im Waschsalon, wo wir einer Einheimischen mit dem Guthaben unserer Waschsalon-App aushelfen. Während ihre Waschmaschine läuft, macht sie sich auf den Weg, die ca. 6 Franken, die sie uns unbedingt zurückgeben will, als Bargeld aufzutreiben. Bargeld wir in Norwegen nur noch sehr selten gebraucht, deshalb erstaunt es nicht, dass sie nicht einmal diesen eher geringen Betrag im Portemonnaie hat. Am Nachmittag flanieren wir ein bisschen durch die Stadt und Besuchen das Nobel Peace Ceter. Wir erfahren eine Menge über den Friedensnobelpreis und dessen Trägerinnen und Träger. Sehr spannend ist das Portrait über den aktuellen Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed, bei dem auch nicht mit Kritik an seiner möglicherweise vorschnellen Wahl zurückgehalten wird. Vor dem Nachtessen darf auch ein Abstecher in den Vigelandsparken nicht fehlen. In der Abendsonne erscheinen die unzähligen Figuren in wunderschönem fast mystischen Licht.

Am Dienstag ist bereits wieder Abreisetag. Monika ist es überhaupt nicht ums Velo fahren, was sie zunächst für sich behält, aber auch Martin macht beim Frühstück nicht vorwärts. Nach einer Weile bemerken wir, dass wir beide keine Lust haben, weiterzuziehen. Wir entscheiden, eine Nacht zu verlängern, egal ob unsere Post nun mittlerweile bei der Rezeption liegt oder nicht. Als wir wenig später nachfragen, ist unser Brief noch nicht eigetroffen. Wir werden langsam ein bisschen ungeduldig, da die Sendungsverfolgung anzeigt, dass er bereits am Sonntag im Verteilzentrum in Oslo eingetroffen ist. Wir verbringen den Morgen mit Blog schreiben und Hörbuch hören. Vor einiger Zeit haben wir beide bereits das Hörbuch «Die Brückenbauer» von Jan Guillou gehört, das Monika nun noch ein zweites Mal hören will. Das Buch handelt von drei norwegischen Brüdern, denen ein Ingenieurstudium ermöglicht wird. Einer von ihnen arbeitet später am Bau der Brücken auf der Eisenbahnstrecke Bergen-Kristiania (Oslo) mit, also an der Strecke, die wir nun über hundert Jahre später mit unseren Rädern befahren. Es macht Spass, diese Geschichte noch einmal zu hören, da wir nun die verschiedenen Orte mit Bildern und Vorstellungen verbinden können. Der zweite Bruder arbeitet an einer Eisenbahnstrecke in Tansania und auch das lässt Monika in Erinnerungen schwelgen. Der dritte Bruder… tja, wir empfehlen, das Buch zu lesen oder zu hören und verraten nicht alles. Es lohnt sich! (Der Spannungsfaktor der weiteren Bücher aus dieser Reihe nimmt dann leider mit steigender Bandnummer ab. Dies ist allerdings unsere persönliche, aber geteilte Meinung.) In der Zwischenzeit kommt übrigens unser Brief an. Nachdem wir unsere Abstimmungsunterlagen ausgefüllt haben, machen wir noch ein bisschen Insel-Hopping. Wir steigen in Oslo auf eine Fähre, auf einer kleinen Insel wieder aus, erkunden diese, steigen auf die nächste oder übernächste Fähre, bei einer Insel wieder aus usw. bis wir wieder in Oslo ankommen.

Jetzt steht noch ein Besuch auf dem Opernhaus an. Ja, du hast richtig gelesen, AUF dem Opernhaus. Das Dach dieses aussergewöhnlichen architektonischen Wunders kann nämlich bestiegen werden. Von oben haben wir eine wunderbare Aussicht über den Hafen. Gerne würden wir unsere Räder hier hinaufschieben und tolle Fotos machen. Obwohl nicht wenige Leute genau dies tun, nehmen wir das «Fahrrad verboten»-Schild ernst und posieren ohne unsere treuen Begleiter ein bisschen.

Zum Abschluss unseres Oslo Aufenthalt will auch Tinu noch ein bisschen in Fernweh-Erinnerungen schwelgen, weshalb wir indisch essen gehen. Obwohl wir englisch begrüsst werden und wir nur englisch kommunizieren, spricht der eine Kellner konsequent norwegisch mit uns. Wir sind bis zum Schluss nicht ganz sicher, ob er nicht bemerkt hat, dass wir eigentlich gar kein norwegisch sprechen.

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3. – 7. September – Geilo – Oslo oder Après-Rallarvegen-Katerstimmung

Obwohl sonnenklar ist, wer von uns den nächsten Beitrag schreiben muss, sucht die Schreiberin 1001 Gründe, warum sie den Bericht nicht schreiben kann. Leider gelten nicht mal die Unwissenheit über Ortsnamen und fehlende Erinnerung an die einzelnen Streckenabschnitte als hinreichende Begründung. Aus diesem Grund macht sie sich etwas widerwillig an die Aufgabe. Sollte jemand zu viele Informationen über Campingplätze und zu wenige über die (mühsame und oft langweilige) gefahrene Strecke empfindet, perlt Kritik an ihr ab, wie der Regen an unserem Zelt.

Nach zwei wundervollen Tagen auf dem Rallarvegen geht es nun zurück Richtung Oslo. Wir haben es nicht sonderlich eilig, denn wir erwarten in Oslo Post aus der Schweiz und diese wir nicht vor Montag eintreffen. Am Donnerstag nehmen wir wieder einmal eine gemütliche Etappe in Angriff, viel mehr bergab als bergauf. Nach ca. 15km auf der Hauptstrasse (wohl gemerkt auf der Nasjonalsykkelrute 4) drehen wir fast durch. Zum Glück findet unser Planungsheld wie so oft eine andere Route («mir chöis mau probiere, aber i weiss haut de nid, obs geit») und wir fahren fern des Verkehrs entlang eines Flüsschens durch den Wald. Hauptstrasse ist dies definitiv nicht mehr.

Irgendwann erreichen wir den Campingplatz in Gol und stehen vor verschlossener Tür – Rezeption bis 16.00 geöffnet. Wir suchen nach einer Telefonnummer, als ein Herr mit Aktentasche erscheint. Er kann uns zwar nicht direkt weiterhelfen, erklärt uns aber, dass der Besitzer jeden Moment erscheinen müsste, da er ein Meeting mit ihm habe. Besagter Besitzer taucht kurze Zeit später tatsächlich auf und wir dürfen unser Zelt irgendwo auf dem wirklich sehr grossen Platz aufstellen und das Finanzielle am Morgen erledigen. Mit dem Zelt sind wir mittlerweile überall die einzigen auf den Campingplätzen, mit den Rädern sowieso und auch sonst treffen wir nur noch auf wenige Urlauber. Wieder einmal sind wir froh, um die grosszügige Küche, denn kurz nachdem unser Zelt steht, beginnt es zu regnen.
Auch am Freitag kommen wir trotz gemütlicher und sehr kurzer Strecke nicht vorwärts, wir hängen mit unseren Gedanken noch beim Rallarvegen. Wir wissen, dass das absolute Highlight nun vorbei ist und die Motivation, trotzdem in die Pedale zu treten, ist nicht sehr gross. Wir landen in Stavn auf einem sehr kleinen Campingplatz. Die freundliche Besitzerin spricht sehr gut deutsch (schliesslich hätte sie normalerweise um diese Jahreszeit sehr viele deutsche Touristen, die auf der Rückreise nach Deutschland bei ihr Halt machen) und wir beschliessen kurzer Hand, eines der ca. 7 Hüttchen für diese Nacht zu mieten. Da wir noch relativ früh dran sind, versuchen wir uns als «richtige Camper» (über die wir uns so oft lustig machen…) zu fühlen, setzen uns auf die Veranda vor unsere Hütte und machen nichts. Das funktioniert nicht allzu lange. So gehen wir noch ein bisschen spazieren, beobachten fasziniert wie zwei kleine Kinder die wirklich sehr interessante Strömung im Fluss und schreiben Blog.

Für einmal bleibt das Zelt eingepackt: Unsere Bleibe in Stavn

Am Samstag ist es uns immer noch nicht ums Fahren und hätten wir nicht bereits unser Hotel in Oslo gebucht, wären wir wohl noch einen Tag in unseren Hüttchen geblieben. Vielleicht hätte es ja dann tatsächlich mal ein Pilzrisotto gegeben… So machen wir uns allerdings an eine wieder einmal norwegisch-flache Strecke und den, wie es uns scheint, krassen Anstieg von knapp 200 Höhenmetern. Tja, wie der Kopf das Empfinden beeinflussen kann… Wir landen in Krødere auf einem Terassen-Campingplatz. Terassen, weil die Stellplätze stufenförmig über dem Krøderenfjord aufragen. Hier gibt es anstelle der Rezeption eine Telefonnummer. Der erstaunte Campingplatzwart kommt umgehend mit seinem Golfplatzwägelchen angebraust. Er meinte sich verhört zu haben, dass wir mit den Fahrrädern unterwegs sind.
Sonntags geht es norwegisch-flach weiter. Wir sammeln wieder etwas mehr Höhenmeter. Nicht zum ersten Mal fragen wir uns, ob die wirklich sehr abwechslungsreichen nationalen Fahrradwege in Norwegen aus diesem Grund so selten befahren werden oder ob das eher an Corona oder dem beginnenden Herbst liegt. An diesem Abend stellen wir unser Zelt in Hokksund umgeben von Wohnmobilen und VW-Bussen auf. Wir merken immer wieder, dass wir als einzige mit Zelt und Fahrrad jeweils auf dem ganzen Platz bekannt sind, sprechen uns doch die unterschiedlichsten Leute an. Oft wollen sie wissen, ob wir denn nicht frieren, es sei ja nun wirklich ziemlich kalt. Nein, tun wir nicht, wir sind ja gut ausgerüstet. Oder sie erzählen uns, dass die Ausrüstung der Wohnmobile gewisser anderer Leute schon nicht mehr so viel mit «Camping» zu tun haben. Wir lächeln dann ein bisschen in uns hinein und behalten unsere Gedanken für uns.
Am Montag erwartet uns die letzte Etappe nach Oslo. Sie hat ein interessantes Höhenprofil – flachflachflach eine grössere Steigung und damit natürlich eine Abfahrt in der Mitte, dann wieder flachflachflach. Da wir in eine Stadt hineinfahren, machen wir uns auf eine eher langweilige Fahrt durch viel Agglomeration gefasst. Da haben wir uns zum Glück getäuscht und es erwartet uns eine abwechslungsreiche Strecke. In Drammen lassen wir uns von einer grossen spiegelnden Kugel beeindrucken, aus der auch noch Musik erklingt. Natürlich ergeben sich da auch ein paar interessante Fotos.

In Asker ca. 20km vor Oslo verfährt sich Tinu und möchte nicht, dass Monika dies bemerkt, dreht deshalb eine Runde um den Dorfplatz um ihn «ihr zu zeigen». Leider scheppert es hinter ihm, weil die Fahrkünste von Monika nachlassen und sie ein Bänkli rammt. Man könnte jetzt auch sagen, es war ein bisschen eng dort, aber das wäre dann ein bisschen nicht wahr. Der Aufprall ist so stark, dass die Halterungen der Hintertasche brechen und die Bialetti (die vermutlich einfach wieder einmal ein bisschen Aufmerksamkeit braucht) einen (kleinen) Schranz in die Tasche reisst. Im nahen Sportgeschäft gibt’s keine Ortlieb-Ersatzteile, deshalb laden wir unser Gepäck um. Die Halterung der einen kleinen Vordertasche montieren wir an die kaputte Hintertasche um, die nun halterlose Vordertasche fixieren wir auf Monikas Gepäckträger und der Packsack von Monikas Gepäckträger kommt bei Tinu auf den Anhänger. Tinu fährt nun mit gefährlich hochbeladenem Anhänger, während Monika sich daran gewöhnen muss, vorne einseitig etwas mehr Gewicht auszubalancieren. Diese Beladung begleitet uns zum Glück nur 15km. Tinu hat bereits zuvor ein Fahrradgeschäft mit Ortlieb-Ersatzteilen gesucht, um die Halterung seiner Lenkertaschen zu ersetzen. Wir erweitern den Einkauf um eine neue Halterung für die Hintertasche und können das Gepäck nun wieder etwas fahrbarer verteilen. So kommen wir doch noch einigermassen wohlbehalten bei unserem Hotel an. Wir sind gespannt, wo wir unsere Räder diesmal verstauen dürfen. Der Rezeptionist meint, die Räder in den Keller, der Anhänger, den er bereits durch das Fenster gesichtet hat, hinter die Rezeption. Vor den ungläubigen Augen einer weiteren Angestellten und einigen Hotelgästen, entladen wir unsere Räder mitten in der Hotellobby, zerlegen den Anhänger in seine Einzelteile und packen ihn in Koffergrösse in den Packsack. Die Räder sind zu gross für den Lift, also tragen wir sie in den Keller und sind froh, dass wir sie morgen nicht schon wieder herauftragen müssen.

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28. – 31. August – Evanger – Voss oder ein Unglück kommt selten allein

Am Freitag entscheiden wir uns also ausnahmsweise etwas früher vom Rad zu steigen und machen beim schnuckligen Minicamping in Mestad kurz vor Evanger Halt. Über diesen Campingplatz haben wir bereits gelesen. Der Besitzer kommt ein- bis zweimal pro Tag vorbei um die Kosten einzuziehen und zu putzen. Verpasst man ihn, gibt es ein Kässeli, in das der sehr faire Beitrag gelegt werden kann. Die Idee gefällt uns und wir bauen unser Zelt auf der kleinen Wiese auf. Das Paar im Wohnmobil, das wenig später auftaucht, findet an dieser Art Campingplatz weniger Gefallen, entscheidet sich aber nach eingehender Diskussion dennoch zu bleiben. Tatsächlich tauchen nun nach und nach noch weitere Gäste auf. Direkt neben unserem Zelt stellt ein Motorradfahrer sein altes Hillebergzelt auf. Natürlich kommen wir da schnell ins Gespräch (wir sind gespannt, ob unser Zelt in 20 Jahren immer noch mit uns unterwegs ist). Der Nachbar heisst Tommy und ist für sechs Wochen mit dem Motorrad in Norwegen unterwegs, immer Richtung Norden, wohin es ihn gerade treibt. Mit Geschichten aus seinem Leben verbringen wir einen unterhaltsamen Abend. Und wer weiss, vielleicht haben wir Comundo dabei eine neue Fachperson vermittelt…


Am Samstag haben wir nur die 25km lange Strecke nach Voss vor uns. Wir lächeln über die Komootmeldung, die Steigung betrage etwas mehr als 300 Höhenmeter, bis jetzt waren es meistens weniger als angegeben. Das Lächeln vergeht uns relativ bald. Nichts da, mit einer schnellen Fahrt nach Voss. Der Velocomputer von Monika zeigt Steigungen bis zu 17% an und für einmal hat Komoot recht gehabt. Unsere Beine sind auf eine entspannte Fahrt eingestellt und so ist die Stimmung auf dieser Strecke Sinnbild für die Stimmung an diesem Wochenende. Beim Zmittag am See in Voss machen wir eine Bestandsaufnahme: Das (vor der Tour neugekaufte) Mätteli von Tinu verliert beständig Luft und die Deichsel des Anhängers ist bereits zum dritten Mal wieder eingerissen (jaja, wir haben nach Dresden auch in Norwegen bereits einen Schweisser aufgesucht). Unseren Plan, den Rallarvegen mit Schotterstrasse und wildcampen zu befahren können wir so vorerst vergessen. Ein Schweisser ist zwar schnell gefunden, aber am Samstagnachmittag lässt sich nichts mehr machen. Wir buchen also gezwungenermassen drei Nächte in Voss und hoffen, dass wir am Montag einen hilfsbereiten Schweisser finden. Das Mätteli flicken können wir auch selber, schliesslich könnten wir auch einen Pneu flicken, wenn wir denn mal einen Platten hätten (klopfklopf). Tatsächlich steigen im See Luftblasen von der Matte auf. Mit dem Flickzeug ist das Loch schnell geflickt. Ein Problem gelöst – denkste! Eine halbe Stunde später hat die Matte bereits wieder Luft verloren. War die Stimmung zuvor gegen Null, ist sie jetzt unter dem Gefrierpunkt.

Die TiMonTour-Hälfte mit dem ganzen Mätteli macht sich auf zum Kochen und freut sich auf ein Mise en place in der topmodernen Campingplatzküche. Aber was ist denn das?! Induktionsplatten auf dem Campingplatz? Zum Glück wurden nicht alle alten Geräte entsorgt, denn das Problem mit den nicht induktionstauglichen, dafür ultraleichten Campingpfannen haben nicht nur wir. Aber auch das Chili con Carne kann die Laune nicht wirklich heben, mittlerweile hat Tinus Mätteli bereits vier Flicken und verliert immer noch Luft.

Das Rascheln, das Monika in der Nacht weckt, stammt allerdings nicht von Tinus Mätteli. Da muss sich irgendein Tier vor oder in unserem Zelt befinden. Wir beobachten gespannt unser Vorzelt. Zwischen den Velotaschen bewegt sich tatsächlich etwas. Kurz darauf streckt ein Igel seine Nase hervor und krabbelt aus dem Gewühl an Packsäcken und Kleidern. Vor Schreck wählt er die falsche Richtung und es kostet uns einige Mühe, ihm das Zelt so zu öffnen, dass er wieder rauskriechen kann.

Für den Sonntag haben wir etwas Abwechslung gebucht. In Voss gibt es unzählige Outdooraktivitäten und da Tinu der Meinung ist, einmal im Leben müsse auch Monika River raften, geht es heute auf den Raundalen-Fluss. Die Sonne zeigt sich noch einmal von ihrer schönsten Seite und die drei Guides sind in bester Stimmung. Ob das am Wetter oder am Sonntagmorgen (oder sogar noch am Samstagabend?) liegt, ist nicht so klar. Wir verbringen einen tollen Vormittag auf und im Fluss und versuchen uns sogar beim Klippenspringen. Dieser Ausflug hat sich definitiv gelohnt.

Zurück auf dem Campingplatz lernen wir ein junges deutsches Paar kennen. Die beiden haben gerade die Schule abgeschlossen und sind nun vier Wochen mit dem Fahrrad unterwegs. Ihre Planungszeit war relativ kurz und die Ausrüstung entsprechend dürftig. Wir staunen und bewundern, wie die beiden unterwegs sind und erinnern uns daran, dass wir auch einmal mit nur vier Taschen unterwegs waren. Auch die beiden werden zurzeit vom Pech verfolgt. Nach einigen platten Reifen und entsprechend Verzögerung, haben sie beschlossen, am Montag mit dem Zug Richtung Oslo zu fahren.
Wir machen uns am Montagmorgen mit unserem Anhänger auf ins Industriegebiet. Nach längerer Suche nach einem Eingang findet Tinu in den Büroräumen einen Mann, der unser Problem sofort versteht. Nachdem wir dem Mann von unserer Reise erzählt haben, meint er grinsend, dass der norwegische Sommer nun vorbei sei. Und damit könnte er recht haben, in der Nacht ist es bedeutend kälter und auch am Tag, wenn die Sonne nicht scheint, brauchen wir eine Schicht Kleidung mehr. Wir lassen unsere Telefonnummer und den Anhänger bei der Werkstatt und hoffen auf eine Nachricht am Nachmittag. Das Wetter ist nämlich der Hauptgrund, weshalb wir am Dienstag unbedingt weiter wollen. Für den Rallarvegen (mehr dazu im nächsten Beitrag) brauchen wir nebst einem intaktem Anhänger auch gutes Wetter und dieses soll noch bis Donnerstagmittag halten. Ah ja und ein Mätteli ohne Löcher wäre auch von Vorteil und weil sich das Löcherflicken weiter als Sisyphos Arbeit erwiesen hat, ist unser nächste Halt ein Sportgeschäft. Wir merken sofort, dass die Sommersaison vorbei ist. Die Auswahl an Matten ist sehr beschränkt und die Verkäuferin wickelt lieber Seile auf, als uns zu beraten. Im zweiten Geschäft haben wir mehr Glück und Tinu schläft von jetzt an hoffentlich nicht mehr auf dem Boden. Hungrig von so viel Shopping decken wir uns mit Lachs und Gemüse ein und hoffen noch im Geschäft, das Bild in unserem Kopf vom Backofen in der Campingküche sei keine Fatamorgana. Wir haben es mit der eingekauften Menge ein bisschen übertrieben und da trifft es sich gut, dass wir auf dem Camping wieder auf das deutsche Pärchen treffen. Weil die Fahrradplätze in ihrem Zug ausgebucht waren, konnten sie nicht nach Oslo fahren und müssen noch eine weitere Nacht in Voss bleiben. Sie kugeln sich vor lachen, als wir ihnen anbieten, mit uns zu essen, da sie schon lange kein solches „Gourmet-Menu und das auf einer Fahrradtour“ mehr gehabt hätten. Und siehe da, Kochen und Essen dient doch noch als gute Laune Medizin. Je länger sich der Nachmittag hinzieht, desto unruhiger werden wir, weil wir noch keine Nachricht von der Schweisserei erhalten haben. Als Tinu anruft, ertönt die Nachricht, dass das Geschäft geschlossen sei. Wir stürzen uns auf unsere Räder und fahren zu der Werkstatt. Vor der Türe steht, wie wir ihn verlassen haben, unser Anhänger. Fast wie wir ihn verlassen haben. Denn die Deichsel ist wieder montiert, der Riss geflickt und sogar der Schnellspanner neu geölt. Weit und breit ist niemand zu sehen und die Türe zum Empfang ist abgeschlossen. Wir sind ein bisschen verunsichert, was wir nun tun sollen, als sich plötzlich ein Fenster öffnet. Der Mann vom Vormittag streckt den Kopf hinaus und fragt, ob mit dem Anhänger etwas nicht in Ordnung sei. Er ist erstaunt, dass wir keine Nachricht erhalten haben, denn er habe diesen Auftrag so in die Werkstatt gegeben. Bezahlung will er allerdings keine, nicht einmal etwas fürs Kafikässeli dürfen wir dort lassen. Wir freuen uns über diese unglaubliche Hilfsbereitschaft. Nun steht dem Rallarvegen nichts mehr im Wege!

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18. – 21. August – Lunde – Stavanger oder eine Schlafbox und viiiel Regen

Vielleicht ist den aufmerksam Lesenden aufgefallen, dass unserem letzten Titel im Text nur halbwegs Rechnung getragen wurde. Irgendwas war doch da, mit Halbzeit vorbei. Wir holen dies nun nach. Auf unserer mässig erfolgreichen Pilz- und Beerensuche in Lunde haben wir uns nämlich zum ersten Mal ernsthaft darüber unterhalten, wann und wie genau wir denn zurückreisen wollen. Dank Corona und gewissen Einreise- / Quarantäneregeln wird dies vermutlich nicht so spontan möglich sein, wie unsere bisherige Planung. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema… Wir haben nämlich festgestellt, dass bereits die Hälfte unserer Reise vorbei ist. Sechs Länder haben wir mittlerweile besucht, zum Teil sind wir mehr hindurchgerast. Dies ist in Norwegen eher schwieriger und wir haben in den nächsten Wochen noch viel Zeit, in gemächlicherem Tempo die eindrückliche Landschaft zu geniessen.

Traumlandschaft in Norwegen

Nun aber zum eigentlichen Thema dieses Beitrags. Am Dienstag schwingen wir uns nach drei ruhigeren Tagen wieder auf die Sättel. Zu Beginn recht gemütlich dem Ufer des Telemarkkanals entlang, mit vielen Richtungswechseln, um die ganzen Einbuchtungen herum. Am Nachmittag verlassen wir den Kanal für eine Weile. Es geht in die Höhe – auf ganze 380 M.ü.M. 😀 Dafür erwartet uns zum Schluss eine tolle Abfahrt, etwas, das wir in Deutschland und Dänemark vermisst haben. Die Bremsen halten noch und so landen wir unbeschadet bei unserem speziellen Nachtlager. In einem alten Bootshaus – wiederum am Telemarkkanal – wurde kurzerhand eine Holzbox mit vier einfachen Betten hineinmontiert, die relativ günstig gebucht werden können. Da sich das Bootshaus in Bandaksli befindet, taufen wir das Gebilde Bandaksli-Böxli.

Bandaksli-Böxli

Es gibt sogar Tisch und Stühle und so packen wir nach dem Kochen unsere Spielesammlung aus und spielen im Bootshaus bis sogar unsere Solarlampe nicht mehr genug Licht spenden mag.

Am Mittwoch wird das Tempo gezwungenermassen noch einmal etwas gedrosselt. Kaum vorstellbar, aber nach ca. vier Wochen erreichen wir heute erstmals wieder mehr als 800 M.ü.M und das Höhenprofil bei Komoot zeigt nicht mehr durchwegs grün (=wenig Steigung) an. Wir freuen uns auf diese „Bergetappe“. Ein steiler Anstieg vor dem Mittag, „norwegisch flach“ (unser Name für Strecken, die zwar im Höheprofil bei der Planung harmlos aussehen, schlussendlich aber nie wirklich flach sind, nur die Steigungen sind kürzer) zwischen 640 und 830 M.ü.M. am Nachmittag und zum Schluss eine rasante Abfahrt auf den Flateland Camping. Dieser und ähnliche Namen seien in der Gegend in den Tälern ziemlich üblich. Der Campingplatzbesitzer interessiert sich für unsere Reise, verkauft uns Geisskäse, den seine Frau gemacht hat und in seinem Campingshop finden wir mehr økologisk Lebensmittel als in manchem Supermarkt. Da die Hauptsaison vorbei ist, hat es fast keine Leute mehr und der Campingplatzchef meint: „Es dürfen ja eh fast nur noch die deutschen Touristen rein.“ Kurz, wir haben mal wieder einen tollen Platz gefunden. Gerade als wir all unsere Kochutensilien auf einem Tisch bereitgestellt haben und 200m weiter vorne Wasser holen, überrascht uns ein Platzregen. Trotz Spurt können wir unsere Sachen nur noch nass ins Zelt retten. Wir lassen den Regen vorüberziehen und schaffen es in einer Regenpause draussen zu kochen und zu essen. Andere haben weniger Glück und kochen später unter dem Regenschirm.

Lustiger Name für einen Campingplatz nach einer Etappe mit über 1200 Höhenmeter…

In der Nacht gibt’s noch ein paar Schauer, aber wir starten trocken in den Donnerstag. Der Tag beginnt auch auf dem Velo gemütlich. Gut 20km „rasen“ wir (weil abwärts und mit Rückenwind) ins verlassene Touristendorf Valle. Hier füllen wir unseren Proviant und machen uns an die nächsten 20km, in denen wir in dreimal so viel Zeit wieder eine ganze Menge Höhenmeter sammeln. Zur Mittagszeit finden wir einen interessanten Platz. Auf 1000 M.ü.M. reiht sich Garage an Garage – über 100 Stück. Wir finden heraus, dass in jeder Garage genau ein Schneetöff gelagert wird, die im Winter hier gemietet werden können. In einem Holzhäuschen entdecken wir zwei Stühle und geniessen umgeben von Garagen und Schafen unser Mittagessen.
Kurz vor der Abfahrt heisst es dann Regenkleider anziehen. Auf der nassen Strasse können wir die steile Abfahrt nicht wirklich geniessen und sind froh, als wir unten sind. Triefend nass klingeln wir beim Campingplatz. Ein junger Mann öffnet die Tür zu einer Rezeption, die eher wie ein Wohnzimmer aussieht. Zu gerne würden wir es uns vor dem Fernseher auf dem Sofa gemütlich machen. Aber nein, wir suchen uns auf dem Feld eine Fläche ohne 10cm tiefen See und bauen im grössten Regen unser Zelt auf. Eine halbe Stunde später hört der Regen dann auf… Unsere Suche nach einem Tisch zum Kochen bleibt erfolglos. Der junge Wohnzimmerrezeptionist meint, er und sein Bruder hätten den Campingplatz erst übernommen und es sei noch ganz vieles in Planung. Er zeigt uns einen Tisch in ihrem Garten, den wir brauchen dürfen.
Am Freitag steht uns die Königsetappe bevor. Der Regen hält sich zurück, bis zum Zeitpunkt, als wir unser Zelt zusammenpacken wollen und so schleppen wir im Zeltsack noch einiges an Zusatzgewicht in Form von Wasser mit. Trotz Regen geniessen wir die wundervolle Landschaft oben in den Bergen.

Allerdings bleibt es nicht nur beim Regen. Plötzlich – wir sind fast am höchsten Punkt auf ca. 930 M.ü.M. – blitzt es und es sind ganz in der Nähe Donner zu hören. Dieses Grollen weckt neue Kräfte in Tinu, noch nie hat ihn jemand so schnell den Berg hoch pedalen sehen. Ein Unterstand ist weit und breit nicht zu sehen und so fahren wir ohne grössere Pause bis zum Restaurant Øygardstølen. Dieses Restaurant ist Ausgangspunkt für die Wanderung zum berühmten Kjeragbolten. Das Wetter nimmt uns die Entscheidung ab, diesen zwischen zwei Felsen eingeklemmten Stein zu besuchen oder nicht. Der Parkplatzwärter fragt trotzdem, ob wir wandern gehen. Sein Kommentar auf unsere ablehnende Antwort: „Smart!“. Er will wissen, woher wir sind und wie wir später feststellen, sind wir bei den Mitarbeitenden wohl Thema des Tages. Das Øygardstølen ist direkt am Felsrand gebaut. Von hier geht es 640m senkrecht hinunter zum Lysefjord.

Das Restaurant – von unten gesehen

Auch auf der anderen Seite ist dieser Fjord von einer ähnlichen Felswand umgeben. Uns bleibt deshalb nur die Fähre und noch gaaanz viel Zeit, bevor diese fährt. Wir machen es uns im Restaurant gemütlich, lassen unsere Kleider trocknen und beobachten das wechselhafte Wetter. Regen, Sonnenschein, Regenbogen, (Sturm-)Windböen… Die 640 Höhenmeter hinunter zum Lysefjord erwarten uns auf einer Strecke mit insgesamt 27 Kurven – inkl. Kehrtunnel.

Die ersten paar der 27 Kurven
Kurvendschungel…

Diese tolle Abfahrt möchten wir nicht unbedingt im Regen fahren. Als wir uns entscheiden aufzubrechen, meint ein Typ am Nebentisch, wir sollen noch eine Weile warten. Er hat recht, es schüttet und windet noch einmal so richtig. Schlussendlich fahren wir zwar trocken, aber leider nicht allzu rasant auf Meereshöhe hinunter. Die Fahrt durch den Lysefjord ist einmal mehr etwas, das Norwegen auf unserer Lieblingsländerskala nach vorne rutschen lässt.

Unsere Fähre durch den Lysefjord
Auch sie haben eine Pause verdient!

Leider fährt die Fähre heute nur bis Larvik, deshalb erwarten uns noch einmal 40km auf dem Rad bis Stavanger. Wir müssen ziemlich in die Pedale treten, da wir vor 20.00 Uhr im B&B in Stavanger ankommen müssen. Wir sind es uns schon gar nicht mehr gewohnt, aber die Strecke ist mehr oder weniger flach und wir schaffen es problemlos (mit Unterstützung des Windes) zeitig nach Stavanger. Die Rezeptionistin ist ziemlich gesprächig und wir erfahren diverse Interna zum Umgang mit dem Coronavirus und Gästen, die nicht mit Karte bezahlen wollen. Einen Fahrradplatz gibt es beim B&B nicht, wir dürfen aber unsere Räder ins alte Büro stellen, das brauche sowieso niemand mehr. Dank guten Restauranttipps unserer Rezeptionistin finden wir nach diesem langen, abwechslungsreichen und äusserst eindrucksvollen Tag sogar innert kürzester Zeit ein tolles Restaurant.

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11. bis 17. August – Oslo – Lunde oder Halbzeit vorbei und wir widmen uns neuen Sportarten

In Oslo angekommen, die Polizeikontrolle problemlos passiert, widmen wir uns erneut der Suche nach einem Velogeschäft. Wir finden die Bike Brothers und machen uns auf gut Glück auf den Weg zu ihrem Geschäft. Noch vor Ladenöffnungszeit werden wir sehr freundlich bedient und siehe da, wir sind für einmal am richtigen Ort gelandet. Der Rohloffmech gibt sich nicht allzu optimistisch, hat aber bereits einige Ideen auf Lager, die uns weiterhelfen könnten, wenn er das Problem nicht lösen kann. Wir lassen unsere Räder samt Gepäck im Geschäft und machen uns auf eine weitere Stadtbesichtigung. Wir besuchen unter anderem die berühmte Sprungschanze am Holmenkollen und beobachten die Langläufer*innen beim Sommertraining.

Am späteren Nachmittag können wir unsere Velos abholen. Das gerissene Lichtkabel ist geflickt und die Rohloff frei von Öl. Der Mech meint, es sei beinahe das komplette Öl ausgelaufen. Grund dafür seien Schrauben seien, die nicht richtig angezogen waren. Er bleibt aber vorsichtig und will lieber nicht versprechen, dass das Problem gelöst ist. Wir sind aber zuversichtlich und vor allem froh, dass uns so effizient und unkompliziert geholfen wurde.
Nun machen wir uns seit gefühlter Ewigkeit wieder einmal an einen kurzen Aufstieg auf den Ekeberg, wo wir unser Zelt zum ersten Mal auf norwegischem Boden aufschlagen.
Am Mittwoch freuen wir uns darauf, wieder ein paar Höhenmeter mehr zurück zu legen. Landschaftlich mag und die Strecke von Oslo nach Moss noch nicht so überzeugen. In Moss nehmen wir die Fähre (gratis für zu Fuss und mit dem Velo!) nach Horten. Die Strecke bis Skallevold führt nun mehr durch Wälder und entschädigt so einiges der anstrengenden Agglomeration auf der anderen Seite des Oslofjords. Hier schlagen wir unser Zelt auf. Die Coronamassnahmen der Platzwartin: Kugelschreiber und Duschchips werden vor der Übergabe desinfiziert und eine Wäscheklammer hilft ihr, die Tasten auf dem Kartenlesegerät ohne Berührung zu drücken. Nachdem sie uns den Campingplatz ausführlich gezeigt hat, zählt der kritischere Teil von TiMonTour die Berührungspunkte auf, die wohl keine Coronafalle darstellen, da die Berührung wäscheklammerlos erfolgte. Da wir bis jetzt noch nie auf einem Campingplatz einen Backofen zur Verfügung hatten und zu faul zum Einkaufen sind, besorgen wir uns bei der netten Campingplatzfrau zwei Tiefkühlpizzas, vom anscheinend besten Tiefkühlpizzahersteller Norwegens. Naja… (Ok, ein guter Tiefkühlpizzahersteller ist wohl auch ein Wiederspruch in sich…) Dafür gibt’s hier endlich ein Bad im Meer. Wie immer ist jemand von uns ganz schnell im Wasser, während sich die andere Person ziert und 1000 Ausreden erfindet, warum MANN nicht schneller ins Wasser springen kann.
Am Donnerstag finden wir nach einer kurzen Etappe einen Campingplatz auf einer Insel. Obwohl wir noch in relativ dicht besiedeltem Gebiet sind, beeindruckt uns die Landschaft bereits sehr.

Die Freitagsetappe führt uns lange Zeit der Küste entlang. Obwohl wir uns auf der nationalen Veloroute Nr. 1 befinden, fahren wir grösstenteils auf der Autostrasse.
Um unsere Sitzflächen ein bisschen zu schonen, beschliessen wir am Samstag einen Stopp im Fritidspark in Skien zu machen und uns für einmal etwas anderen Sportarten zu widmen. Der Minigolfcrack möchte gerne Minigolfen, dass die Bahn an der prallen Sonne steht, führt dazu, dass wir uns für Discgolf entscheiden. Ein Frisbee wird – wie beim Minigolf – über eine bestimmte Strecke in einen Zielkorb geworfen. Von Treffsicherheit kann bei uns keine Rede sein, der Spassfaktor steht klar im Vordergrund.
Von Skien bis Dalen (also eigentlich umgekehrt) befindet sich der Telemarkkanal. Dank Wikipedia und weiteren informativen Seite wissen wir, dass dieser 105km lange, mittels 18 Schleusenstufen 72 Höhenmeter bewältigende Kanal zu seiner Fertigstellung Ende des 19. Jahrhunderts als das achte Weltwunder bezeichnet worden ist. Am Sonntag verladen wir unsere Räder deshalb aufs Schiff und lassen uns bei nebligem Wetter durch den Kanal fahren. Bis auf die erste Schleuse, werden alle noch von Hand bedient. Am imposantesten ist eine fünffach Schleuse, mit der ganze 23 Höhenmeter überwunden werden. Wir sind fasziniert, dass ein solches Konstrukt vor weit mehr als 100 Jahren erbaut worden ist.

Da gehts hoch!

In Lunde verlassen wir das Schiff und nisten uns für zwei Nächte auf dem Campingplatz ein. Bevor wir unser Zelt aufstellen können, müssen wir noch die Hinterlassenschaft eines uns unbekannten Tieres entfernen. Immer noch auf der Suche nach alternativen Sportarten mieten wir uns ein Kanu und wagen uns noch einmal auf den Kanal.

Als wir einen Seitenarm des Kanals hochfahren (man hat uns dort einen schönen Badeplatz versprochen), begegnen wir einer Schwanenfamilie, die uns nicht ganz wohlgesinnt ist. Zudem sind wir jetzt ziemlich sicher, welches Tier sich auf dem Zeltplatz erleichtert hat. Die Schwäne machen sich fauchend davon und mit dem Bad klappt es doch noch.

Flügel hochgestellt: „Ich mag dich nicht!“

Auf der Rückfahrt witzeln wir, ob uns die Schwäne wohl beim Zelt erwarten werden. Und tatsächlich tun sie das! Ein belgisches Paar meint scherzhaft, sie hätten unser Zelt vor der Schwanenfamilie verteidigt (tatsächlich haben sie sich erneut ein Plätzchen einige Meter neben unserem Zelt gesucht, dass sie als Schwanentoilette benützen) und so kommen wir ins Gespräch. Relativ schnell erklären sie, dass sie bereits in Norwegen waren, als Belgien auf die rote Liste kam. Wir lachen, denn auch wir haben immer das Gefühl, uns rechtfertigen zu müssen.
Am Montag ist unser Ziel klar: Auf einer Wanderung genug Pilze fürs Nachtessen sammeln. Die Suche gestaltet sich relativ erfolglos und auch die Beeren hätten wir besser beim Aufstieg gepflückt. Beim Abstieg erwarten uns nämlich nur noch leere Sträucher. Als wir nicht mehr ganz so motiviert und sehr durstig beschliessen, aufzugeben, kann es Monika nicht lassen und kraxelt noch einmal den Hang hinauf. Und tatsächlich verstecken sich da noch ein paar Eierschwämme. Fürs Pilzrisotto reicht es zwar nicht, aber eine feine Sauce gibt es dennoch.

Immerhin!
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Dresden nach irgendwo

3. bis 5. August – Bertingen – Rostock oder warum uns ein Bier wie wild in die Pedale treten lässt

Einmal mehr schmieden wir also unsere Pläne neu, bevor wir das nächste Zwischenziel erreicht haben. Nun geht es nicht mehr Richtung Kiel, aber dennoch an einen Hafen, wo eine Fähre auf uns wartet.
Am Montag packen wir unser immer noch nasses Zelt zusammen und verlassen das Tipidorf in Bertingen definitiv. Der Wind meint es immer noch nicht gut mit uns und wir kämpfen weiterhin gegen ihn an. Auch sonst kommen wir nicht so recht voran, aber es ist ja auch wieder einmal Montag.

Monika unterwegs auf dem Elberadweg

In Havelberg verlassen wir die Elbe endgültig und folgen einigen kleineren regionalen Radwegen, damit wir am nächsten Tag auf die neugewählte grössere Zielroute stossen können. Tja, wir merken bald, dass wir nicht mehr auf einem überregionalem Radweg sind… Landschaftlich zwar ganz hübsch, kämpfen wir uns plötzlich durch einen Wald, der aus Sandbergen besteht. Mit unseren schweren Rädern da durchzukommen ist nicht ganz einfach. Irgendwie will das Ziel nicht näher kommen. Dabei sind wir ziemlich gespannt auf unseren Übernachtungsplatz. Mehr per Zufall sind wir auf einen Platz, in perfekter Tagesdistanz (v.a. wenn das Bier ruft) gestossen, bei dem nicht so ganz klar war, worum es sich handelt. Am Telefon hiess es allerdings, das Zelt kann gestellt und bezahlt beim Badesee werden. Monika hat die von Tinu errechneten Kilometer im Griff und weiss genau, dass doch jetzt bald mal nach rechts abgebogen werden sollte, von einem See ist aber weit und breit nichts zu sehen. Plötzlich stoppt Tinu an einer Hausecke. Als wir rechts abbiegen landen wir tatsächlich auf einem «Campingplatz». Es gibt 5 Stellplätze für Wohnmobile (3 belegt), 6 Hütten (2 vermietet) und eine riiiiesige Zeltwiese, auf der unser Zelt als einziges fast ein bisschen verloren wirkt. Für 5 Euro haben wir den bisher wohl schönsten und auch saubersten Übernachtungsplatz unsere Reise gefunden!
Am Dienstag geht’s trotz Gegenwind wieder besser vorwärts. Die von Tinu geplanten Tagesetappen sind relativ lang, v.a. mit diesem wind, aber wir haben ein Ziel vor Augen und so bleibt nicht wirklich Zeit, uns etwas anzuschauen. Tinu möchte ganz gerne noch seine Abkürzungen erwähnt haben, die uns auf dieser Tour tatsächlich auch mal durch wunderschöne Waldwege führen und so nebst gesparten Kilometern auch unsere Durchschnittszeit ein bisschen aufbessern. Bei Alt Schwerin erreichen wir die Berlin – Kopenhagen Route, welcher wir nun bis ans Ende folgen.

Das nächste Zwischenziel heisst nämlich Kopenhagen. Tom (der im letzten Bericht erwähnte Arbeitskollege von Martin und Janine (seine Frau) verbringen einige Ferientage dort und haben uns nach unserem Hänger, als wir das Baltikum von unsere Liste streichen mussten, ein neues Ziel geliefert. Wegen ihnen sind wir nun ein bisschen in Eile, weil sie am Freitagabend mit einem Bier in Kopenhagen auf uns warten.
Geografisch sind wir momentan auf der Mecklenburgischen Seenplatte. Wir fahren wieder vermehrt durch Wälder, über Stock und Stein bzw. Wurzeln und Tinu ist froh um den einrädrigen Anhänger.

Auch unser heutiger Schlafplatz liegt an einem der vielen Seen, davon bekommen wir allerdings nicht viel mit. Damit wir morgen nach Dänemark einreisen dürfen, müssen wir 6 gebuchte Übernachtungen vorweisen können. Das Buchen braucht einiges an Zeit und fällt uns ziemlich schwer, waren wir doch bis jetzt immer sehr spontan unterwegs.
Nicht ganz glücklich mit den in aller Schnelle reservierten Unterkünften fahren wir am Mittwoch relativ früh los. Bis Rostock sind es 85km und wir würden ganz gerne die Fähre nach Gedser um 15.30 erwischen, denn in Dänemark erwarten uns dann noch einmal 25km Fahrt – Buchung in Eile sei Dank. Mit einer anderen Buchung hat es etwas besser geklappt, der Wind lässt uns für einmal nicht im Stich. Er bläst uns Richtung Meer und wir erwischen unsere Fähre ohne Probleme.

In Rostock angekommen…

Nachtrag: Den Bericht oben haben wir noch im Bauch der Fähre fertig geschrieben, als wir darauf gewartet haben, an Land gehen zu können. Auf der Fähre war noch ein anderer Radfahrer. Wir haben bereits in Rostock gemeinsam diskutiert, wie das wohl ablaufen wird, wenn unsere Hotelbuchungen alle überprüft werden sollen. Er hat seine Reservationsbestätigungen, (Von Reservationen, die er bereits wieder storniert hat) noch in einem Copyshop ausgedruckt. Wir würden dann halt alle unsere Mails einzeln vorweisen, diese Regel war ja schliesslich nicht unsere Idee… Wir fahren also in Gedser von der Fähre, schön auf der Fahrradspur, eine kurze Strecke über den Hafen, neben einen Polizeiauto vorbei und dann sind wir im Dorf. Dort lachen wir uns alle drei krumm – zum Glück haben wir so viel Zeit und Nerven in das Buchen investiert…

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Prag - Dresden

28./29. Juli Dresden – oder alles geht schief

Trotz Gegenwind erreichen wir Dresden am frühen Nachmittag. Da wir zwei Übernachtungen eingeplant haben, sollte uns genügend Zeit bleiben, die geschichtsträchtige Stadt zu besichtigen und unsere weitere Route zu planen. Doch bereits als wir beim Hotel eintreffen, entdecken uns das erste Malheur. Die Deichsel bei unserem Anhänger scheint angebrochen zu sein. Zum Glück früh erkannt, einen Durchbruch bei voller Fahrt wollen wir uns lieber nicht vorstellen. Einmal tief durchatmen und überlegen, wer uns dieses Teil wieder zusammenschweissen könnte. Wir finden das Bikehospital und die lustige Beschreibung auf der Webseite lässt uns dort anrufen („Egal, wo du dein Rad gekauft hast, es sind alle Krankheiten willkommen und wir haben für jedes Zipperlein und auch für schwere Notfälle die passende Medizin“). Der Typ kann uns zwar nicht mit einer Schweissnaht dienen, aber immerhin können wir am nächsten Tag Öl für Tinus leckende Rohloffschaltung holen (Ja, irgendwie will die nicht so recht… Wir hoffen, ein bisschen Flüssignahrung stellt sie vorläufig zufrieden). Wir erweitern unsere Suche und finden ca. 6km elbabwärts einen Schweisser, der, wie er ums erklärt, selbst Freizeitradfahrer ist und für unser Problem eine Lösung finden will. Dazu bestellt er uns am nächsten Morgen um 7.30 in seine Werkstatt.
Somit bleibt doch noch etwas Zeit, die Stadt zu besichtigen. Im Zweiten Weltkrieg wurden grosse Teile von Dresden komplett zerstört und der Wiederaufbau und die Erinnerung an diese Zeit sind immer noch überall erkennbar.
Während unserer Stadtschlenderei wägen wir die Pros und Contras für unsere weitere Routenwahl ab. Grob haben wir drei Möglichkeiten: 1. Weiter Richtung Berlin an die Ostsee, 2. Entlang des Neusse-Oder-Radwegs an die Ostsee oder 3. Quer durchs Land Richtung Lübeck / Kiel. Die beiden ersten Routen würden uns zwar relativ schnell an die Ostsee und damit auf den ursprünglichen Plan, den Iron Curtain Trail (in entgegengesetzter Richtung) bringen, aber wir müssten in Polen und Litauen gut 700km durchs Land fahren, damit wir Kaliningrad umfahren können. Da Polen sowohl was Radwege als auch Corona betrifft nicht ganz unbedenklich ist und es von Kiel eine Fähre nach Litauen gibt, entscheiden wir uns für Variante 3.
Nachdem wir eine Nacht darüber geschlafen, unseren Trailer in aller Frühe geflickt (zum Glück gibt’s im Hostel bereits ab 6.00 Frühstück), uns über die aktuelle Situation informiert und die Routen (inklusive Ersatztag) geplant haben, buchen wir die Fähre Kiel-Klaipéda am 6. August. Nun steht wieder Sightseeing auf dem Programm. Zudem müssen wir einige Dinge ersetzen, die auf unserer Reise an verschiedenen Orten liegen geblieben sind. Bei Kaffee und Kuchen ereilt uns der nächste Schock. Die Berner Zeitung „Der Bund“ schreibt, dass nun auch die baltischen Staaten die Schweiz auf die gelbe Liste gesetzt haben. Länder mit mehr als 16 Infektionen pro 100‘000 Einwohnende während der letzten zwei Wochen (in Finnland sogar 8/100‘000) müssen für 14 Tage in Quarantäne. Der Bund verlinkt veraltete Informationen in seinem Artikel (nämlich die, die wir bei unseren vermeintlich gründlichen Recherchen auch gefunden haben). Nach weiterem Suchen, zig Anrufen beim litauischen Konsulat und nicht viel hilfreicheren Antworten (ist nun die Staatsbürgerschaft oder das einreisende Land für die Quarantäneregelung massgebend und würde es evtl. etwas bringen, wenn wir noch zwei Tage länger in Deutschland bleiben würden, damit wir volle zwei Wochen ausweisen könnten und unser Tschechienaufenthalt uns nicht mehr zum Verhängnis wird…?!) entscheiden wir uns, die Fähre zu stornieren. Dies ist wider Erwarten per Telefon kostenlos möglich. (Vielleicht sind wir bei DFDS bereits von unserer Schottlandtour ROT im System vermerkt… Aber das ist eine andere Geschichte…)
Nach diesem ganzen Frust beschliessen wir, fein Essen zu gehen. Wir haben gestern bereits ein italienisches Restaurant entdeckt, das frische Pasta serviert. Heute sind wir schlauer und reservieren einen Tisch. Als Grund wählt Tinu „romantisches Essen“. Wir sind gespannt, ob von dieser Wahl etwas zu erkennen ist. Ist es nicht. Das Essen ist allerdings mehr als ausgezeichnet und sogar der Wein wird unseren Wünschen gerecht. Die leichtere Person unseres Duos ist sogar der Meinung, dass der Trailerfahrer eventuell ebendiesen holen muss, um sie nach Hause zu transportieren. Man könnte ja dann auch gleich testen, ob der Schweisser gute Arbeit geleistet hat… Der (sehr kurze) Heimweg wird dann doch zu Fuss bewältigt. Da wir zum ersten Mal im Lokal sind, gibt es noch 2 Portionen frische Spaghetti zum Mitnehmen. Für unser Nachtessen morgen ist also schon vorgesorgt. Das MammaMia in Dresden können wir allen Pasta-Liebhaber*innen wärmstens empfehlen.
Unsere geplante Route von Dresden nach Kiel bleibt vorerst bestehen und wir machen uns morgen in relativ grossen Etappen auf an die Nordsee. Was uns danach erwartet, ist wieder einmal ungewiss, aber das ist ja schliesslich das Motto unserer Reise…

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München - Prag

18. bis 20. Juli -München – Furth oder alles ist im bzw. am Fluss

Am Samstag verlassen wir München, der nächste grössere Halt ist Prag. Auf den ersten gut 20km begleitet uns Salome, die Schwester von Martin.

Abschied nach einigen schönen Tagen in München: TiMonTour mit Salome an ihrem Umkehrpunkt

Wir haben heute eine ziemlich lange Strecke, mit allerdings relativ wenig Steigung vor uns und so kommen wir zügig vorwärts. Schon bald verlassen wir die Isar und folgen der Abens. Das steht zumindest auf den Wegweisern, vom Fluss ist nur selten etwas zu sehen und wenn, dann würden wir eher von einem Bach sprechen. In Neustadt an der Donau nächtigen wir zum ersten Mal auf einem bayrischen Campingplatz. Auch hier gilt in allen Gebäuden die Maskenpflicht. Bis auf den Platzwart scheinen sich alle daran zu halten. Maske auf, beim Sanitärgebäude auf der einen Seite rein, Abwasch mit Maske, auf der anderen Seite wieder raus, Maske in die Hosentasche… Aber ja, über (Un)Sinn im Umgang mit Masken haben wir unsere Meinung ja bereits angedeutet. Und falls jemand eine Erklärung braucht, wie trotz Maske Zähne geputzt werden, Tinu gibt seine Tipps gerne weiter.

Auf diesem Campingplatz treffen wir auch jede Menge Velofahrer*innen, die meisten radeln entlang der Donau. Auf dem Donauradweg sind auch wir am Sonntag unterwegs. Zum Glück noch vor dem Mittag treffen wir beim Kloster Weltenburg ein.

Wir können uns in Ruhe den Donaudurchbruch ansehen und durch den zurzeit nicht als Wanderweg gesperrten Weg zum Schiff und zurück schlendern.

Uns wurde das Bier, das hier gebraut wird, wärmstens empfohlen, wir finden es allerdings noch ein bisschen zu früh und entscheiden uns, die Donau mit der Fähre zu überqueren und dem Radweg auf der anderen Flussseite zu folgen. Ein bisschen Aarefähre -Feeling (einfach in grösser) kommt auf. Nach einem steilen Aufstieg im Wald geht’s auf der andere Seite zum Glück wieder runter. Wir sehen das Kloster nun von der anderen Seite und sind froh, haben wir die vielen Menschen verpasst. Weiter geht’s sehr flach und gemütlich entlang der Donau nach Regensburg.

Kaum auf dem Campingplatz angekommen, entdecken wir zwei Hillebergzelte. Uns ist klar, dass wir unseres (farblich zwar nicht ganz passend) dazu stellen. Noch bevor wir auspacken werden wir auf das Veloplus Logo am Anhänger angesprochen. Und siehe da, es hat noch andere Schweizerinnen, die mit den Rädern unterwegs sind auf diesem Camping. Dazu gehören auch die Hillebergnachbarn, wie wir später feststellen. Wir erhalten ein paar Tipps, was es sich in der Stadt anzusehen lohnt und nutzen die Zeit, die uns dank der kurzen Etappe bleibt, für eine Stadtbesichtigung im Schnelldurchlauf.

Was wir noch ganz zu erwähnen vergessen haben: auf den Kaffee müssen wir seit München zum Glück nicht mehr verzichten und wir achten nun auch auf einen seeehr sorgfältigen Umgang mit unserer neuen Bialetti.

Am Montag begleitet uns, ohne dass wir nass werden, fast den ganzen Tag der Regen. Das heisst, wir folgen einem weiteren Fluss, der Regen. In Altenstadt fliesst der Chamb in die Regen und so fahren wir bis nach Furth (kurz vor der tschechischen Grenze), dem vorläufig letzten Fluss auf deutschen Boden entlang. Irgendwie läuft bzw. fährt es heute nicht so wirklich. Monika wird den ganzen Tag vom Refrain von I don’t like Mondays verfolgt und wir sind froh, als wir Furth endlich erreichen.

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Schweiz - München

13. Juli – Fernpass oder ich bin auch ein Mountainbike

Heute gibt es so einige Möglichkeiten, für unsere Routenwahl. Am Morgen können wir uns noch nicht entscheiden und so fahren wir los dem Inn entlang Richtung Imst, wo wir unsere Mittagsrast einplanen. Am Vormittag diskutieren wir hin und her. Wollen wir über Seefeld – da soll es wunderschön sein, Tinu war bereits einmal da – allerdings gibt es dort keinen Camping. Oder wollen wir über den Fernpass, aber auch da gibt es für den nächsten Tag keinen Campingplatz. Kurz vor Imst beschliessen wir, dass wir ja schon lange keinen Pass mehr überquert haben und entscheiden uns für den Fernpass – eine Entscheidung die wir wohl nicht so rasch vergessen werden… Wenig später stehen wir unterhalb von Imst und schauen einer steilen Strasse entgegen. Diese müssen wir hoch, wollen wir unser Reste-Pasta-Mittagessen noch ein bisschen aufpimpen. Die Mittagssonne gibt ihr Bestes, wir kämpfen uns ins Dorf hinauf und immer weiter, etwas zum Einkaufen finden wir aber nicht. Also geht es weiter bis Tarrenz, wo wir tatsächlich eine Möglichkeit finden, unser Essen zu einem kulinarischen Meisterwerk zu vervollkommnen. Nach dem Essen blüht uns immer noch der Fernpass und es ist wirklich schön warm. Der nächste Wegweiser zeigt 12km an und für 500hm finden wir das eigentlich ganz in Ordnung. Nun geht es aber Kilometer für Kilometer weiter und die Steigung hält sich in Grenzen. Irgendwann wird uns klar, dass komoot wohl doch nicht so unrecht hatte, als es «Enthält einen sehr steilen Anstieg. Eventuell musst du dein Rad schieben.» voraussagte. Und tatsächlich, nachdem Fernsteinsee geht es los! Fahren ist nicht mehr möglich weil es zu steil und der offizielle Radweg eine grob geschotterte Piste ist. Also heisst es schieben! Als es dann rechts noch viele Meter steil abfällt und der Weg immer schmaler wird, beginnen wir uns zu fragen, ob der Fernpass wirklich eine gute Idee war. Trotzdem schieben wir weiter (teilweise immer 20 cm schieben, dann Bremsen anziehen, dann die Füsse hinterher, weil auch die Schuhe auf dem Schotter kaum mehr Halt finden). Bei einer Holzgallerie gibt es eine Fotosession und das eine oder andere Traubenzucker.

So erreichen wir den Fernpass, gönnen uns ein Eis und ein kühles Getränk und freuen uns auf die Abfahrt. Dass die Abfahrt aber erst noch über den „Alten Fernpass“ (knapp 100 Hm höher als der „neue“) geht, erfahren wir erst während der Fahrt bzw. des erneuten Schiebens. Doch auch den alten Fernpass erreichen wir und tatsächlich geht es auf der anderen Seite wieder runter! Aber nicht wie bei anderen überquerten Pässen in rasantem Tempo, sondern immer bremsend zwischen den grössten Schottersteinen hindurch und immer hoffend, die Kontrolle behalten zu können.

Unsere gewählte Route ist eigentlich ein offizieller Radweg, dennoch wünschen wir uns heute mehrmals, mit dem Mountainbike unterwegs zu sein. Schlussendliche erreichen wir müde und durchgeschüttelt, aber glücklich den Camping in Biberwier, wo man uns sehr freundlich empfängt.

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Schweiz - München

12. Juli – Die erste Grenze oder warum es in Österreich keinen Kaffee mehr gibt

Ein wenig erstaunt stellen wir fest, dass wir nun schon seit einer Woche unterwegs sind. Mit vielen Aufs und später noch mehr Abs geht es dem Inn entlang durchs wunderschöne Engadin. Die Temperaturen sind wieder etwas wärmer. Die Steigungen zwar sehr wohl vorhanden, aber recht angenehm, so dass sie uns keine Schimpftiraden mehr entlocken.

Nach dem Mittagessen in Ftan verlassen wir die höheren Regionen endgültig und sausen Richtung Grenze zu Österreich (ok, es geht nicht immer bergab, aber im Nachhinein soll ja alles immer weniger schlimm sein…). Nach der Ausreise aus der Schweiz erwartet uns ein knapp 10km langer Grenzübergang. Es geht zwar stetig bergab, doch man könnte meinen, dieser gemeine Gegenwind will uns zurück in die Schweiz blasen. Irgendwann finden wir wieder einen Velo- (ah nein!) Radweg und sind immer noch gespannt, auf den Grenzübergang. Diesen werden wir allerdings nie passieren, denn plötzlich stehen wir am Claudiasee und haben wohl die grüne Grenze erwischt. Hier wollten wir eigentlich unser Zelt aufschlagen, aber mit Blick auf die Uhr – noch nicht mal 16.00 – und den Kilometerzähler – 63km – sind wir uns schnell einig, dass wir noch ein bisschen weiterfahren. So landen wie in Ried am Oberinn. Der Camping ist zwar riesig, aber da wir nur eine Nacht bleiben, werden wir im Gärtchen eines nicht anwesenden Dauermieters direkt beim Parkplatz einquartiert. Im Abwaschraum ist es so laut, dass wir so schnell als möglich wieder flüchten. Draussen will Monika die heissgeliebte Bialetti durch Schwingung doch noch ein bisschen trocknen. Dumm nur, dass diese in hohem Bogen durch die Luft segelt und Monika nur noch den Henkel in der Hand hält. Deshalb vorerst fertig Kaffee – oder wohl eher: die Jagd auf eine neue Bialetti ist eröffnet!